– Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer*innen an den Bildschirmen,
im Mai 1988 hatte ich die Gelegenheit an einer mehrtägigen Reise von Lausitzer Ornithologen nach Ostpolen teilzunehmen.
Im Programm war auch eine Exkursion durch das Kerngebiet des Bialowieza – Nationalparks, also durch das Wildnisgebiet des Nationalparks, also durch das Gebiet des Nationalparks, in dem seit Menschengedenken keine Forstwirtschaft stattgefunden hat.
Unter professioneller Führung haben wir dort einen Tag lang einen Wald durchstreift, der von einem kleinräumigen Muster unterschiedlicher Waldgesellschaften geprägt war. Waldgesellschaften, die sich aufgrund der spezifischen kleinräumigen Standorteigenschaften über Jahrhunderte herausbilden konnten.
Dieser Wald war geprägt von einer Unmenge unterschiedlicher Arten und Strukturen in der Baum-, Strauch- und Krautschicht. Er war geprägt vom Stimmengewirr der vielen Vogelarten, vom reichen Leben an Wirbellosen, Amphibien, Reptilien und Säugetieren in den unterschiedlichsten Habitaten.
Und obwohl der Begriff „Biodiversität“ im Jahr 1988 noch lange nicht so populär war wie heute: Man konnte sie quasi atmen in diesem alten Naturwald.
Und dann standen wir irgendwann vor dieser großen alten Kiefer. Die hatte einen Durchmesser von mindestens einem Meter. Und gleich daneben fruchtete grad das Wollgras – eine Moorart.
Dieses Bild hat sich mir eingeprägt.
Denn es macht deutlich, wie alt und groß und majestätisch auch eine Kiefer werden kann, die bei uns im jugendlichen Alter von 80 bis 100 Jahren mit einem Durchmesser von maximal 50 cm geerntet wird, weil sie sonst nicht mehr durchs moderne Sägegatter passt.
Alte Bäume machen den künftigen Wert der Naturwaldgebiete aus. Wenn Wälder so richtig alt werden können, dann können sie ein hohes Maß an Biodiversität entwickeln. Denn mit dem Alter bilden sich durch Verfall und Verjüngung immer neue Keinstlebenräume im Wald heraus.
So, wie ein Orchester seinen Wert durch die vielen unterschiedlichen Instrumente erhält, so wächst die Biodiversität im Wald mit den unterschiedlichen Kleinstlebensräumen, wenn man sie denn lässt.
Wir brauchen diese vom Menschen unbeeinflussten Gebiete zum Überleben vieler spezialisierter Arten in unserer sonst stark überprägten Kulturlandschaft.
Wir brauchen diese Gebiete auch für den Erhalt von Genressourcen und als Forschungsobjekte in Bezug auf die Reaktion der Ökosysteme auf Umweltveränderungen wie den Klimawandel.
Naturwald- und Wildnisgebiete sind Gebiete zum Lernen, Staunen und Erholen. Das hatten wir ja schon im letzten Plenum.
Da gibt es übrigens einen Unterschied zwischen Wildnisgebieten und den Naturwald-Entwicklungsgebieten, auch NWE10 genannt.
NWE10-Flächen sollen mindestens 0,3 Hektar groß sein. Das sind Waldflächen auf denen keine Forstwirtschaft, sondern eine natürliche Entwicklung stattfinden soll. Wildnisgebiete – das haben wir im letzten Plenum gelernt – sind großräumige unbewirtschaftete Gebiete, die in der Regel mindestens 1000 ha groß sein sollten.
Das müssen keine Waldgebiete sein. Auch Auen, Moore oder Bergbaufolgelandschaften kommen bei uns dafür in Frage. Bei der Identifizierung möglicher NWE10- Flächen und Wildnisgebiete gibt es also Überschneidungen, so dass NEW10-Flächen auch gleichzeitig Wildnisgebiete sein können.
Wir haben uns dazu bekannt, Naturwald-Entwicklungsgebiete auf 10 % der Landeswaldflächen einzurichten. Das heißt, 90 % der Landeswaldflächen werden weiter forstwirtschaftlich bewirtschaftet – natürlich unter den Aspekten, auch hier die Biodiversität zu fördern. Das geht hier aber nur mit Abstrichen.
Vielleicht noch ein Wort zur Entstehung des NWE10-Ziels: Das geht zurück auf das Maßnahmenprogramm Biologische Vielfalt, dass im April 2014 von der Brandenburgischen Landesregierung beschlossen wurde.
Dieses geht zurück auf einen Landtagsbeschluss vom November 2011 und dieser hängt zusammen mit der Biodiversitätsstrategie des Bundes von 2007, zu der sich das Land Brandenburg bekannt hat und diese Biodiversitätsstrategie geht zurück auf den Rio-Vertrag aus dem Jahr 1992. – Also alles SPD- und CDU-geführte Regierungen!
Und was hat das jetzt mit „linksgrünem Zeitgeist“ zu tun, wie sie in ihrem Antrag schreiben?
Dass wir Ihren Antrag ablehnen, dürfte ihnen nun klar sein, denn NWE10-Flächen machen uns nicht ärmer wegen der Einstellung der Waldbewirtschaftung auf 10 % Landeswaldfläche. Sie machen uns reicher an Erkenntnissen, Genressourcen und Naturerleben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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