Kleine Anfrage 2830
der Abgeordneten Isabell Hiekel (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
an die Landesregierung
Ziel der Landesregierung – wie auch im Koalitionsvertrag festgehalten – ist: „Der bedarfsgerechte Erhalt und die Modernisierung von Straßen haben Vorrang vor Neubauprojekten (Prinzip Erhalt vor Neubau).“ Eine Reihe von Projekten des Bundesverkehrswegeplans 2030 im Land Brandenburg widerspricht diesem Prinzip. Ein Beispiel ist das Projekt „Ortsumgehung Lübben (B87n)“. Seit der Aufnahme des Projektes in den Bundesverkehrswegeplan haben sich die Planungsgrundlagen gänzlich geändert. Der fortschreitende
grundhafte Ausbau der Ortsdurchfahrt an der B87 und B115 machte den ursprünglichen verkehrlichen Zweck obsolet. Neben der fehlenden Wirtschaftlichkeit kommt eine Reihe von schwerwiegenden Umweltauswirkungen, die keine der vorgesehenen Ortsumgehungsvarianten löst.
Wir fragen die Landesregierung:
Umweltauswirkungen
1. Der Ortsumgehung B87 Lübben wurde im Rahmen der Umweltbewertung des BVWP 2030 eine hohe Umweltbetroffenheit bescheinigt. Wie weit ist die Abarbeitung des naturschutzfachlichen Planungsauftrages und welche Ergebnisse liegen vor?
2. Wie groß ist die Flächeninanspruchnahme bei Realisierung dieses Verkehrsprojektes (bitte in Quadratmeter getrennt angeben nach Straßenkörper und Nebenanlagen)?
3. Welche Nutzungsarten entsprechend Liegenschaftskataster sind betroffen und welche Flächenanteile werden davon jeweils in Anspruch genommen? Angaben bitte in Quadratmeter.
4. Wie viele Straßenkilometer der Ortsumgehung werden dreistreifig ausgebaut?
5. Wie viele Straßenkilometer der Ortsumgehung verlaufen auf Verkehrsdämmen bzw. werden aufgeständert und welche Mehrkosten in Bezug zu bodengleichen Verkehrswegen sind hier anzusetzen? (> 1 Meter über Gelände)?
6. Wie viele Quadratmeter Waldfläche müssen bei Realisierung des Verkehrsprojektes gerodet werden (Bauflächen inklusive Baufelder)?
7. In welchem Umfang werden durch die Umgehungsstraße festgesetzte Überschwemmungsgebiete berührt (bitte möglichst genaue Quadratmeterangabe)?
8. In welchem Umfang werden durch die Umgehungsstraße bereits bestehende bzw. durch die in 2023 neu in Betrieb genommene Lübbener Trinkwasserfassung zukünftig festgesetzte Trinkwasserschutzgebiete gequert (bitte möglichst genaue Quadratmeterangabe)?
9. In der Umweltrisikoeinschätzung wird dem Verkehrsprojekt ein „sehr hohes Umweltrisiko“ attestiert.
a) Wurde bereits eine Klimaverträglichkeitsprüfung durchgeführt, die die Klimafolgen eruiert und im Ergebnis ermittelt, ob das Verkehrsprojekt mit nationalen und europäischen Klimaschutzvorgaben vereinbar ist?
b) Falls ja, wie fällt das Ergebnis aus? Wieviel Tonnen CO2 verursacht der Bau des Verkehrsprojektes?
c) Falls nein, wann soll diese Prüfung erfolgen?
10. In welchem Umfang werden durch die Ortsumgehung nachfolgende Schutzgebiete tangiert (bitte jeweils möglichst die genaue Quadratmeterangabe) und wie groß ist die Schutzgebietsfläche insgesamt (inklusive Überschneidungen)?
a) Naturschutzgebiete
b) FFH-Gebiete
c) Landschaftsschutzgebiete
d) Europäische Vogelschutzgebiete
e) geschützte Biotope gemäß § 30 BNatSchG
f) UNESCO-Biosphärenreservat Spreewald untergliedert nach den unterschiedlichen Schutzzonen
g) NATURA-2000-Flächen insgesamt
h) Freiraumverbünde gemäß gültigem LEP HR
11. Welche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen müssen im Rahmen der Eingriffsregelung nach §§ 13ff. BNatSchG durch den Bau der OU durchgeführt werden?
Geotechnische Untersuchungen
1. Sind inzwischen alle Baugrundgutachten für die Baustrecke und die Ingenieurbauwerke fertiggestellt (insbesondere für die Abschnitte mit geänderter Linienführung)? Falls nein, welchen sind noch offen und bis wann werden dieses fertiggestellt?
2. Welche konkreten Ergebnisse brachten die Baugrunduntersuchungen im Bereich der Niederung des Neuendorfer Grenzgrabens?
3. Wie viele Straßenkilometer der Ortsumgehung führen durch Böden mit nur geringer Tragfähigkeit?
4. Wo werden wegen Böden mit nur geringer Tragfähigkeit besondere Bauverfahren angewendet (wie Bodenvollaustausch- bzw. Überschüttverfahren, Tiefgründung oder anderes; bitte ggf. genaue Abschnitte angeben und Verfahren nennen)?
5. In welchem Umfang wären ggf. im Zuge des Bodenaustauschs bei den geplanten Abschnitten der Ortsumfahrung Aushubmassen anfallen, und an welchen Standorten wäre deren Deponierung geplant (bitte für die betroffenen Bauabschnitte das Volumen der zu deponierenden Massen genau benennen)?
6. In welchem Umfang wären im Zuge der Errichtung der umfangreichen Verkehrsdämme geeignete Schüttmassen benötigt (bitte das Volumen genau benennen) und woher wären diese Schüttmassen zu beziehen?
7. Wie viele Quadratmeter Moorbodenfläche (Spreeaue, Hartmannsdorfer Teichgebiet, Bersteaue, Neuendorfer Grenzgraben) wären beim Bau der Ortsumgehung betroffen?
8. Welche Moormächtigkeiten bestehen und mit welchen Aushubmassen an Torfboden wäre es zu rechnen (bitte das Volumen genau benennen)?
9. Was passiert mit den ausgebaggerten Moorböden?
10. Sind die Erkenntnisse der vorliegenden Baugrundgutachten sowie Gründungsgutachten (z.B. Gründungsmaßnahmen für Straßendämme und Ingenieurbauwerke, zu notwendigen Bodenverbesserungen, zur Standsicherheit und Versickerfähigkeit der anstehenden Böden und zur Wiederverwendung von Aushubböden) inzwischen vollumfänglich in die Kostenermittlung eingeflossen? Falls nein, welche Aspekte sind bislang noch nicht eingeflossen und wann erfolgt deren Einarbeitung?
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